Holocaust-Gedenktag mit beklemmenden Inhalten

In seiner Ansprache wies Oberbürgermeister Frank Frühauf darauf hin, dass Stadt und Schalom bereits seit 2005 eine gemeinsame Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag, die jeweils unterschiedliche Aspekte der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft beleuchtet, durchführen: „Dieser Tag mahnt uns, die Lehren aus der Vergangenheit nicht zu vergessen und Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen.“ Der Holocaust sei nicht allein ein Kapitel der deutschen Geschichte, sondern ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, das weltweit zur Wachsamkeit mahne. Daher müsse „jeder Akt der Diskriminierung, jedes Zeichen von Antisemitismus, Rassismus oder Intoleranz entschieden bekämpft werden.“ Weiterhin entschuldigte OB Frühauf den Staatssekretär Daniel Stich vom Mainzer Innenministerium, der seine Teilnahme an der Gedenkveranstaltung leider kurzfristig absagen musste. Sein Ministerium unterstützte die Veranstaltung über die Leitstelle Kriminalprävention.

Als Beispiel für die Propagandafilme der Nationalsozialisten wurde während der Gedenkveranstaltung der Film ‚Jud Süß‘ gezeigt. Er gilt als eines der schlimmsten Propagandawerke der Filmgeschichte und gehört zu den sogenannten ‚Vorbehaltsfilmen‘, die nach dem Zweiten Weltkrieg durch die alliierten Militärregierungen verboten wurden. Heute befinden sie sich im Bestand der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung Wiesbaden und dürfen nur mit Begleitung durch einen Referenten gezeigt werden. Diese Aufgabe übernahm Arndt Klingelhöfer vom Institut für Kino und Filmkultur (IKF). In einem kurzen einführenden Vortrag erläuterte er zunächst die historischen Hintergründe der Filmpropaganda, die von den Nazis zur ‚geistigen Kriegsführung‘ genutzt wurde. Insbesondere Joseph Goebbels war sich der suggestiven Macht bewegter Bilder bewusst. Bereits 1934 schrieb er in einem Beitrag der Zeitschrift ‚Der Kinematograph‘: „Wir sind der Überzeugung, daß der Film eines der modernsten Mittel zur Beeinflussung der Massen ist […]. Eine Regierung darf deshalb den Film nicht sich selbst überlassen.“ In diesem Sinne nutzen und förderten die Nationalsozialisten das Medium Film als Teil ihres umfassenden Propaganda-Apparates. Sie sorgten dafür, dass ‚Jud Süß‘, der am 5. September 1940 bei den Filmfestspielen in Venedig Weltpremiere feierte, von insgesamt 19,6 Millionen Zuschauern gesehen wurde. Zum Vergleich: der Film ‚Titanic‘ von 1997 hatte in Deutschland 19 Millionen Besucher.

Mit dem Wissen um die antisemitische und propagandistische Zielrichtung war die Vorführung von ‚Jud Süß‘ dann alles andere als ein Vergnügen für die Besucher. In der anschließenden Analyse und dem Austausch mit dem Publikum arbeitete Arndt Klingelhöfer zwar fachkundig aber trotzdem im lockeren Dialog die Mechanismen und Stilmittel des Hetzstreifens heraus. Natürlich nutzte Regisseur Veit Harlan dazu die zeitlosen Stereotypen über Juden. Insbesondere die Titelfigur Joseph Süß Oppenheimer vereinte sie alle in sich. Das sorgte für die Dämonisierung der Person, aber auch der Juden insgesamt, die als das absolute Böse dargestellt wurden. Nach diesem Prinzip werden auch heute wieder bestimmte Gruppen stigmatisiert und zu Sündenböcken für bestehende Probleme erklärt. Kein Wunder, dass Joseph Goebbels in seinem Tagebuch über ‚Jud Süß‘ notierte: „Ein großer, genialer Wurf. Ein antisemitischer Film, wie wir ihn uns nur wünschen können.“ Bekanntermaßen verfehlte damals die NS-Propaganda ihre beabsichtigte Wirkung nicht.

In ihrem Schlusswort wies die stellvertretende Schalom-Vorsitzende Roswitha Klee-Emmerich darauf hin, dass während der NS-Herrschaft antisemitische Verbrechen nicht nur in den Metropolen stattfanden, sondern auch in der Provinz, auch im Kreis Birkenfeld. Und auch hier waren nahezu alle bekannten Hetzfilme zu sehen, darunter ‚Jud Süß‘. Dafür sorgten neben acht stationären Kinos auch mehrere in Kirn stationierte Filmwagen, die alleine im Februar 1943 in 54 Dörfern der Region unterwegs waren. Abschließend unterstrich Klee-Emerich: „Wenn wir den Appell ‚Nie wieder!‘ ernst meinen, müssen wir solche Gedenkveranstaltungen wie heute immer wieder anbieten, um nicht auf den Rückweg zu geraten, den manchen einschlagen möchten.“

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