Suchtpräventionstheater Requisit war zu Gast

Dieser Einladung war auch das in der Präventionsland-schaft des Landes Rheinland-Pfalz hoch angesehene Theater Requisit mit seiner Leiterin Nora Steagner gefolgt und führte ein Improvisationstheater auf. Das Besondere an dem Ensemble: Alle Darsteller, bis auf Steagner, waren früher suchtkrank.

Der Verein Requisit nimmt ausschließlich ehemals suchtkranke Menschen auf, die mindestens drei Monate clean sind, erklärte die Diplom- und Theaterpädagogin Nora Steagner. Bei dem Improvisationsstück konnten die Schüler die gespielten Szenen beeinflussen, in dem sie Themen und Stimmungen vorgaben und Sätze ergänzten. So entstand ein gelungenes und spannendes Zusammenspiel, das im Grunde genommen zunächst überhaupt nichts mit Sucht zu tun hatte und von den Schülern als sehr positiv aufgenommen wurde.

Nach dem Theaterstück fanden in mehreren Kleingruppen Gespräche mit Schülern, Lehrern und Darstellern statt. Fachlich unterstützt wurden die Gesprächsrunden durch die Vertreter des RAK, Harald Pillny, Leiter der Suchtberatung des Caritasverbandes, Sabine Moser, Melissa Becker, Julia Dreher und Sebastian Herzig vom Stadtjugendamt Idar-Oberstein, Thomas Reichert vom Diakonischen Werk des Kirchenkreises Obere Nahe sowie das Team des Schulpsychologischen Dienstes.

Nora Steagner begründete die Vorgehensweise beim Theaterstück damit, dass die Schüler die Hemmschwelle zu den nachfolgenden Gesprächskreisen verlieren sollten. Dadurch entstand eine vertrauensvolle Atmosphäre und die Teilnehmer öffneten sich für das Tabuthema Sucht. Diesem Ansatz pflichteten die Sozialpädagoginnen Melissa Becker und Julia Dreher von der dezentralen Jugendarbeit bei und ergänzten: „Einen Zugang zu jungen Menschen erreicht man am ehesten, wenn man auf Augenhöhe agiert.“ Laut Nora Steagner wird damit in besonderer Weise für das Thema Sucht sensibilisiert.

Und so ging es dann in den Gesprächsrunden auch richtig zur Sache: Ursachen und Suchtverläufe wurden in dem geschützten Rahmen thematisiert. Die fest beim Theater Requisit angestellten Schauspieler sind für diese Gespräche besonders geschult, um mit den Schülern über erste Anzeichen von Sucht und über Wege heraus zu sprechen. Auch für die ehemals Abhängigen selbst ist das Theater Requisit eine stabilisierende Säule. „Eine Suchterkrankung und der Weg heraus sei wie das Spiel der Finger auf einer Klaviatur. Anstatt einer Alles-oder-Nichts-Mentalität ist es wichtig zu vermitteln, dass es auf dem Weg aus der Sucht immer Höhen, Tiefen und alles dazwischen geben wird. Rückfälle gehören zu dem Prozess dazu.“ Steagner betonte dabei die Wichtigkeit einer motivierende Gesprächsführung, die Bestärkung bereits erlernter Bewältigungsstrategien und das Aufzeigen vorhandener Ressourcen.

Neben den Schüler nahmen auch die Lehrkräfte an einer Gesprächsrunde mit der Theaterleiterin teil. Dabei erzählt Schauspielerin Katja, die schon mehrere Jahre beim Theater ist, von ihren persönlichen Erfahrungen. Bei ihr haben traumatische Ereignisse in der Kindheit in die Sucht geführt. Mittlerweile hat sie ihre Geschichte therapeutisch aufgearbeitet und reflektiert. Um das Rückfallrisiko zu minimieren, habe sie sich dem Theater Requisit angeschlossen und ihr altes Umfeld verlassen.

„Wenn von Suchtprävention die Rede ist, denken viele gleich an Verbote und den gehobenen Zeigefinger“, erläuterten Sabine Moser und Sebastian Herzig vom Stadtjugendamt, die beide auch die ‚Tom & Lisa‘-Workshops zur Alkoholprävention im Stadtgebiet durchführen. Dass es auch ganz anders gehe, dass man Jugendlichen Spaß, Lebensfreude und neue Perspektiven als bestes Rezept gegen Drogen und zu viel Alkohol vermitteln kann, beweise diese Veranstaltung, resümierten die beiden Pädagogen. Kein Verbot sondern Risikomanagement sind auch Kernaspekte des HaLT-(Hart am Limit)-Alkoholpräventionsprogramms, welches beim Stadtjugendamt Idar-Oberstein angesiedelt ist.

„Die Veranstaltung stieß bei unserer Schülerschaft auf großes Interesse. Für viele Jugendliche war es eine tolle Theatererfahrung und ihr Wissen rund um das Thema Abhängigkeit hat sich vergrößert. Besonders bemerkenswert ist, dass sogar aus dem Umfeld der Schülerschaft positive Rückmeldungen an uns herangetragen wurden“, erläuterten die beiden Schulsozialarbeiterinnen Katja Siebert und Petra Gerth.

Den Schülern wurde im Anschluss an die Veranstaltung ein Reflexionsbogen ausgehändigt. Auf Grund der sehr guten Rückmeldungen aus der Schülerschaft überlegen die Organisatoren, im nächsten Jahr gleich mehrere Veranstaltungen mit dem Theater Requisit in Idar-Oberstein anzubieten. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung statt und wurde durch Mittel des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung gefördert.

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